Ich wollte nicht mehr an dich denken und ich wollte dich nicht mehr fühlen. Das ist mir so in den vergangenen Wochen auch ziemlich gut gelungen. Keine Nächte mehr, in denen ich wach lag und mich fragte, wie es dir geht und was du tust.
Nicht mehr diese Frage, ob auch du manchmal an mich denkst. Keine Tage mehr, an denen ich um dich weinte. Keine Wut, kein Hass, keine Trauer, keine Liebe… gar nichts mehr. Und so war es gut. Aber heute tauchtest du ungewollt wieder auf.
Ich war nämlich am Meer. Dort an diesem großen Wasser, das wir vor einigen Monaten noch gemeinsam bestaunt haben. Wir saßen damals einfach so da, haben gar nicht viel geredet. Ich schaute auf den Horizont und musste dir nichts erklären…
Denn du wusstest genau, welche Frage sich mir beim Blick auf diese scheinbar mit Bleistift gezeichnete Linie dort hinten immer wieder stellt. Heute erinnerte ich mich wieder an dein Grinsen und deine Augen, an deine Stimme. Und ich fühlte deine verdammte Nähe, obwohl du mir schon so lange nicht mehr nah bist.
Als wir uns zum ersten Mal begegneten, lugte ich hinter einer dicken Mauer hervor. Die hatte ich mir mühevoll aufgebaut und ich war stolz auf mein Werk. Niemand konnte mich komplett hinter ihr erkennen. Aber du hast nicht locker gelassen und Stein für Stein abgetragen. Solange, bis ich komplett nackt vor dir stand. Seitdem weißt du alles von mir. Du kennst jeden meiner Gedanken und jedes Gefühl.
Du hast meinen derben Humor ertragen und auch meine Tränen bemerkt. Du weißt, an welchem Ort ich in diesem Leben noch einmal sein möchte und welche Träume ich noch habe. Du hast mich ungeschminkt angeschaut, aber auch mit der Maske gesehen, die ich für die Welt dort draußen täglich auflege. Du weißt sogar, welches mein Lieblingskleid ist…
Und dann hast du mich in dem Trümmerhaufen dieser eingerissenen Mauer irgendwann einfach stehen lassen. Hast dich nicht einmal mehr umgedreht. Nun sitze ich jedoch hier zwischen den Steinen und bin mittlerweile schon wieder ganz gut vorangekommen, dieses Versteck erneut aufzubauen, größer und stabiler, als vorher. Nein, es ist nicht schön dahinter.
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