Martin Couney

Er war kein Arzt. Er hatte keine Approbation. Er hatte nie eine medizinische Fakultät von innen gesehen. Und doch – er rettete über 7.000 Frühgeborene zu einer Zeit, als die Welt sie bereits aufgegeben hatte. Anfang des 20. Jahrhunderts, als winzige Säuglinge viel zu früh geboren wurden, suchten die meisten Menschen keine Hilfe.

Sie flüsterten nur: „Es ist Gottes Wille.“ Ärzte zuckten mit den Achseln. Krankenhäuser lehnten ab. Eugeniker – kalt, distanziert, überzeugt – erklärten: „Lasst sie sterben. Die Natur regelt das schon.“ Doch Martin Couney stellte sich all dem entgegen. „Nein“, sagte er. „Lasst uns versuchen, sie zu retten.“

Dieser eine Satz – trotzig, voller Hoffnung – wurde zum Fundament einer der ungewöhnlichsten und wundersamsten medizinischen Geschichten der Geschichte. Über Martin Couney war nur wenig bekannt. Er emigrierte vermutlich um 1870 aus Deutschland.

Voller Zuversicht erzählte er von seiner Ausbildung bei einem Lehrling von Stéphane Tarnier, dem französischen Pionier, der den ersten Brutkasten für Säuglinge nach dem Vorbild eines Hühnerbrüters konstruiert hatte. Doch es gab kein Diplom. Keine Approbation. Keinen Nachweis über ein Medizinstudium.

„Er machte sich zu dem, was die Welt brauchte“, sagte später eine Krankenschwester. „Ein Arzt für die Vergessenen.“ Und so, inspiriert von Tarniers Erfindung, nahm er eine Idee, an die niemand glaubte, und machte sie unübersehbar. Die Weltöffentlichkeit sah die „Kinderbrüterei“ zum ersten Mal.

Auf der Berliner Weltausstellung 1896 tat Couney etwas Ungeheuerliches – etwas Undenkbares: Er legte echte Frühgeborene in Brutkästen, damit die Öffentlichkeit sie sehen konnte. Besucher schnappten nach Luft. Mütter weinten. Ärzte spotteten. Doch die Menge konnte nicht wegschauen.

Ein Beobachter erinnerte sich, wie er einer besorgten Mutter sanft sagte: „Fürchten Sie nicht das Spektakel. Fürchten Sie die Stille. Die Stille ist es, die Ihr Kind tötet.“ Dieser Moment – ​​halb Wissenschaft, halb Wunder – wurde zur Geburtsstunde der „Kinderbrutanstalt“. Es sollte eine wissenschaftliche Demonstration sein.

Doch daraus entwickelte sich ein weltweites Phänomen. Schon bald brachte Couney seine Inkubatoren – und seine Babys – nach London, dann nach Amerika und schließlich an den wohl ungewöhnlichsten Ort von allen: Coney Island. Inmitten von Gelächter, Marktschreiern, Popcornständen und Achterbahnen stand ein weißes Gebäude mit einem Schild, auf dem stand:

„Die ganze Welt liebt Babys.“ Im Inneren lagen Reihen winziger Säuglinge, eingehüllt in übergroße Puppenkleidung, schlafend in glänzenden französischen Inkubatoren, die weitaus fortschrittlicher waren als alles, was in amerikanischen Krankenhäusern zu finden war. Besucher zahlten 25 Cent. Eltern zahlten nichts.

„Das ist keine Show“, pflegte Couney den Skeptikern zu versichern. „Das ist Überleben. Ich flehe Sie an, mir zu helfen, sie zu retten.“ Die Eintrittsgelder finanzierten die Krankenschwestern, die Hebammen, die saubere Bettwäsche und die Rund-um-die-Uhr-Fütterung.

Sie bezahlten die Heizung, wenn der Winterwind über die Promenade fegte. Sie bezahlten das Leben. Die Welt verspottete ihn – und brachte ihm gleichzeitig ihre Babys! Man nannte ihn einen Betrüger. Man bezeichnete ihn als Scharlatan. Der Kinderschutzverein versuchte, ihn zu schließen, und warf ihm vor, Neugeborene zur Unterhaltung auszubeuten.

Couney wehrte sich nie mit Wut. Er sagte nur: „Sehen Sie sie sich an. Sie leben. Das ist meine Antwort.“ Krankenhausärzte – die sich weigerten, eigene Säuglingsstationen zu bauen – schickten stillschweigend Frühgeborene zu seiner Kuriositätenschau. Manche trugen die Babys sogar selbst durch die Menge und baten Couney inständig, sie aufzunehmen.

Julius Hess, später als Vater der amerikanischen Neonatologie bekannt, wurde sein Freund. Der Entwicklungspsychologe Arnold Gesell filmte die Babys 1939 und dokumentierte Techniken, die ihrer Zeit um Jahrzehnte voraus waren. Couney wusste, dass er niemals geehrt werden würde.

Aber er wusste auch, dass er Recht hatte. Seine Ausstellung auf Coney Island lief vierzig Jahre lang – von 1903 bis 1943. Mehr als 7.000 Babys durchliefen seine Inkubatoren. Viele von ihnen überlebten, weil er sich weigerte, sie sterben zu lassen. Couney starb 1950.

Nur wenige Jahre später eröffneten amerikanische Krankenhäuser endlich Frühgeborenenstationen – mit Technologien und Methoden, für die er sich jahrzehntelang im Stillen eingesetzt hatte. Einer seiner ehemaligen Patienten, der mit nur einem Kilo gerettet wurde, sagte mit 70 Jahren:

„Ich verdanke mein Leben einem Mann, der nicht einmal ein richtiger Arzt war. Die Welt hat ihn verurteilt. Ich bin der lebende Beweis, dass er Recht hatte.“ Martin Couney trug nie einen Doktortitel. Er genoss nie die Anerkennung der etablierten Ärzteschaft.

Er wurde nie von den Institutionen respektiert, die ihn verhöhnten. Aber er besaß etwas Seltenes. Er hatte Mitgefühl für Babys, die die Welt aufgegeben hatte. Und er glaubte – fester als jeder andere –, dass jedes Leben, so klein es auch sein mag, eine Chance verdient. „Ein Titel rettet kein Kind“, sagte er einmal.

„Fürsorge schon. Hoffnung schon. Und ich werde ihnen immer das geben.“ Letztendlich veränderten seine Inkubatoren die Medizin. Sein Spektakel wurde zur Wissenschaft. Sein Widerstand wurde zur Revolution. Und der Mann, der nie Arzt war, rettete Tausende, die eigentlich nicht überleben sollten.

Ps: Hättest du das gewusst?

Herzlichst ❤️ Dana Stella ⭐

Beitrag teilen
Avatar von Dana Stella Schuhr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert